Wenn mein Abendkleid sprechen könnte, würde es von ungezählten Theaterbesuchen berichten: von Opern, Balletten, Schauspielen und Musicalaufführungen, von den unterschiedlichsten Spielstätten ? angefangen von bescheidenen Kleinstbühnen bis hin zu den größten Brettern, die vielen die Welt bedeuten.
Sicher könnte meine Garderobe auch von widersprüchlichen Gefühlen berichten, die mich - ihre Trägerin - beherrschten, während ich die Vorstellungen anschaute. Rührung, wenn mich eine Arie dahin schmelzen ließ, Ärger über schlechte darstellerische Leistungen, Unverständnis über dramaturgische Eingriffe, Freude über gelungene Bühnenbilder und Verblüffung über innovative Inszenierungen....
Ja, ich werde auch weiterhin ins Theater gehen, aber ab jetzt ? bedingt durch mein Ausscheiden als Theaterpädagogin - benötige ich keinen ?pädagogischen Blick? auf ein Stück mehr, ich lege soz. meine Berufskleidung ab, dieses Kleid, und werde mich zukünftig frei meinem individuellen Genuss oder Nicht ? Genuss hingeben können.