• The Robe ? Mein Pullover
    Als ich im Spätsommer des Jahres 2000 diesen Pullover in einem Laden entdeckte, gefiel er mir sofort. Die Farbe, ein leuchtendes, tiefes Rosa durchsetzt mit Orange machte mir Freude. Das Material war leicht, doch die Machart hatte Festigkeit. Der Kragen war hoch, aber dennoch so gemacht, dass er auch bei warmen Wetter mich nicht beschwerte. Leicht gestrickt, einfache Form, auffällig durch die Farbe. So sollte ein Pullover für mich sein. Ich probierte ihn an. Darüber kam eine Bekannte hinzu und entschied resolut, dass er nichts für mich ist. Er trug auf, und ich sah darin wenig vorteilhaft aus. Stattdessen riet sie mir zu einem weiter geschnittenen, einfach gestrickten Pullover in Orange. Ich kaufte ihn, denn er gefiel mir auch. Vor einigen Jahren habe ich ihn weggeben.
    Die Frau hatte Recht. Der rosa Pullover hob eine Verwachsung meines Körpers hervor. Es war die Zeit, als ich nach Jahren des Wegsehens erstmals bereit war, darauf zu schauen. Ich entschied, das zu ändern. Die Verwachsung wurde entfernt und alles wurde anders, besser, freier. Mein Leben hatte sich verändert, und ich kaufte den Pullover. Jetzt passte er zu mir. Ich trug ihn, als ich begann, mein Leben neu auszurichten und entschied mich für das Schreiben. Der Pullover fiel auf. Menschen sprachen über die Farbe und was sie ihnen bedeutete. Viele Erinnerungen haften ihm an. Längst ist er alt und die Wolle ist dünn geworden. Doch ich trage ihn immer noch. Beim Radfahren und daheim, wenn es kalt ist. Er wärmt, aber er engt mich nicht ein. Ein Loch habe ich mit Paketschnur zugehäkelt. Es geht nicht um Schönheit oder darum, einen Zustand zu erhalten. Er gehört zu meinem Leben. Er verändert sich mit ihm. Als ich davon erzählte, begann ich meine Geschichte mit der Frau, die mir vom Kauf abriet. Am nächsten Tag erfuhr ich, dass die Frau gestorben war, als ich von ihr sprach. Ich kann den Pullover nicht weggeben, denn er ist mit meinem Leben verbunden, mit den Menschen, die mir begegneten und mir begegnen werden. Er bleibt bei mir, weil er mich mit den Menschen verbindet. Ich kann nur etwas geben, was ihn vertritt: Rosa Wolle, gehäkelt und eine Geschichte.
    Anonyma